GESAMTHEIT - KOSMOS - GOTT

nihil humani a me alienum puto (nichts Menschliches ist mir fremd)

    Professor Stephen Hawking *1) und Kollege haben zwar ein elegantes Modell einer unabhängigen Entstehung des Universums erarbeitet, aber auch sie erreichen nicht eine befriedigende Antwort. Bevor kein wirklich relevantes Modell erfahren wird, bleibt die Frage nach einem Gott und das Argument, daß Er über das noch so atheistische Denken erhaben (in der Theologie beständig) bleibt und auch "diese Gedanken" in sich vereint und ermöglicht, bestehen. Denn: wäre er sonst ein Gott ?
   Auch die Existenz von unzähligen - vielleicht unabhängigen - Dimensionen und Universen, die ja wesentlich wahrscheinlicher ist als die Theorie, daß jede Dimension ihren eigenen Gott hat (von denen der eine vom anderen nichts weiß), ist wenig glaubwürdig. Was, wie, woher auch immer dieser Allmächtige sein mag, eines bleibt dem Atheisten übrig: die Frage, ob denn dieser Gott sich selbst erschaffen hat und aus was, und was davor wohl gewesen sein mag. Denn aus Nichts kann sich - der menschlichen Vernunft nach - Nichts erschaffen. Bleibt das Alpha und Omega, das das allmächtige Wesen schon immer war, sein wird, sein sollte, weil es keinen Anfang und kein Ende gibt, was allerdings bis heute in kein wissenschaftliches Modell paßt. Selbst wenn das, was wir als Zeit definieren, in der Wissenschaft nur ambivalente Relevanz hat, muß ein offener Geist sich dafür öffnen, daß wir in unserem Denken zeitlichen Begriffen unterlegen, ja hinein geboren sind - zumindest von Geburt an als Anfang vom Ende.
   Vielleicht bedeutet die Expansion unseres Universums eine darauf folgende Inkremation, Implosion, ein Zusammenziehen, auf das eines entfernten Tages wiederum ein neuer Urknall folgt bis in alle Ewigkeit. Auch hier wieder Meister Eckhardts "Pünktchen", das sein Gott hinterlässt, an der Stelle, an der man glaubt, ihn bewiesen zu haben "." jhok



siehe auch: Peter Sloterdijk, Frankfurter Vorträge: Cioran 1973 ("Vom Nachteil geboren zu sein"): "...Von dem Glück nicht geboren zu sein..." // Nietzsche, Morgenröte, 1.Buch: "... Wie hoch die Menschheit sich entwickelt haben möge..., es gibt für sie keinen Übergang in eine höhere Ordnung... warum sollte es eine Ausnahme geben..." *2)

 

- *1):
"In der Quantentheorie kann die Raumzeit von endlicher Ausdehnung sein und muss trotzdem keine Singularitäten besitzen, die eine Grenze oder einen Rand bilden..."
(Stephen W. Hawking:
"Eine kurze Geschichte der Zeit")

- *2):
Cioran - Nietzsche
Die Geburt als Beginn der Einschränkung in den Körper und einem Körper-Bewußtsein. Der "Übergang in eine höhere Ordnung" kann mit, bzw. in einem Körper nicht stattfinden.
So auch das Verständnis einer höheren Ordnung, z.B. daß Anfang und Ende nur im Bereich Geburt und Tod existieren, aber im Falle einer göttlichen Entität, oder dem Universum nur durch eine höhere, für den Mensch als Geist und Körper nicht erfaßbare Ordnung vorzustellen, in einer "Dauer" zu erahnen ist.

Diskussionsbeitrag von:
Hella Germelmann-Petersen

   Der Artikel enthält eigentlich alle Fragen, die unser menschliches Gehirn sich bezüglich der sog. "letzten Fragen" stellen kann, d.h.: die Frage ob hinter diesem Kosmos ein Schöpfer, ein Anfang und Ende, ob ein Gott dahinter steht oder ob die atheistische Sicht, d.h.: die naturwissenschaftliche Erkenntnisfähigkeit ausreichen könnte für eine schlüssige Erklärung.
   Für mich bleibt die Frage, auf welche Instanzen wir uns am Ende verlassen können, um weder den Täuschungen unseres Gehirns zu erliegen (`die Sonne dreht sich täglich einmal um die Erde´), noch den falschen Propheten, die eine göttliche Offenbarung behaupten. Dazu müssen wir uns unserer evolutionären Situation bewußt sein, die uns mit einem Sinnesapparat und Gehirn ausgestattet hat, die für das Überleben auf dieser Erde angepaßt sind. In diesem Gehirn gibt es herausragende Fähigkeiten zur Selbstreflexion und zur Abstraktion (mathematische Funktionen sowie Gedanken über unseren Ursprung und Sinn). Über viele Jahrhunderte haben Philosophen gedankliche Erklärungen entwickelt, haben Mathematiker Denkweisen gefunden, die von den Phänomenen abstrahieren können und sehr präzise bestimmte Beziehungen beschreiben. Das Problem der philosophischen und theologischen Darstellung liegt in der Vagheit der Begrigffe. Was meint der Grieche des klassischen Altertums, was meint der Christ, der Maori oder der moderne Theologe, wenn er den Begriff "Gott" benutzt? Es wird immer ein Begriff sein, der von unserem Kulturkreis, unserem persönlichen Erleben und unseren Bbedürfnissen geprägt ist.
   Worauf könnte man sich also bei dem Versuch, die "letzten Fragen" zu beantworten verlassen ? Ich meine auf eine geduldige Sichtung der Geschichte der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, die nach den strikten Regeln des kritischen Realismus (Popper u. Albert) gewonnen wurden. Hier bleibt die wichtigste Aussage, dass die "wahren Objekte" uns immer Verborgen bleiben werden (Poincare) und dass die neuesten Erkenntnisse immer nur ein revidierbares Zwischenstadium fÜr bessere Erkenntnisse sein werden. Für unser Leben im ethischen sozialen und philosophischen bereich bleiben Zweifel und Glauben.